Die Bartolith-Werke Oktober 2024

Am Freitag, den 25. Oktober 2024, 19 Uhr im Festsaal, Erdinger Weißbräu

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Die Gründung der Bartolith-Werke im Nationalsozialismus

Im April 1942 gründete Christian Seidl in München die Bartolith-Werke zur Produktion patentierter Holzbauplatten aus einer Mischung von Holz und Zement. Christian Seidl, der weder der NSDAP noch einer anderen nationalsozialistischen Organisation angehörte, leitete das Unternehmen. Ab 1943 wurde er von seinem Sohn Norbert Seidl unterstützt, der bereits 1940 der NSDAP beigetreten war und als Ortsgruppenleiter fungierte.

Die Bartolith-Werke erhielten ihren ersten Großauftrag von der SS-Bauleitung Süd in Dachau, die 10.000 Platten für den Bau von Baracken bestellte. Da das Unternehmen in München-Freimann mit nur sechs Mitarbeitern über begrenzte Kapazitäten verfügte, beantragte Christian Seidl die Beschäftigung von Häftlingen aus dem KZ Dachau. Bevor die Häftlinge jedoch auf das Firmengelände gebracht werden konnten, mussten zunächst notwendige Infrastrukturen wie Schlaf- und Wohnbaracken, Sanitäranlagen und zwei Wachtürme errichtet und das gesamte Areal mit Stacheldraht gesichert werden.

Am 28. August 1942 kam der SS-Hauptscharführer August Friedrich Müller mit einem Vorkommando von 30 Häftlingen und sechs Wachmännern in Freimann an. Diese Häftlinge wurden zunächst für die Vorbereitung des Produktionsgeländes eingesetzt. Am 12. November desselben Jahres wurde ein ständiges Arbeitskommando von 30 Häftlingen etabliert, die Zahl stieg in den folgenden Wochen auf etwa 70 bis 80 an. Die Häftlinge kamen hauptsächlich aus Deutschland, Polen, Jugoslawien und Tschechien.

Während des Winters 1942/43 begann die Produktion, und die Häftlinge wurden in sogenannte „Produktionsgruppen“ eingeteilt. Sie arbeiteten unter extremem Druck von 6:00 Uhr morgens bis 18:00 Uhr abends, mit nur einer 30-minütigen Mittagspause. Das einmal wöchentlich vom KZ Dachau gelieferte Essen war unzureichend, und die Firmenleitung soll nach eigenen Angaben einen Teil der Lebensmittelrationen für die zivilen Mitarbeiter abgezweigt haben. In den härtesten Wintermonaten sollen die Häftlinge gefrorene Kartoffeln von einem angrenzenden Feld ausgegraben haben, um zu überleben.

Im Juli 1943 wurde das Häftlingskommando abgezogen, und stattdessen wurden inhaftierte Strafgefangene aus dem Gefängnis Stadelheim in den Bartolith-Werken eingesetzt. Ende 1943 expandierte das Unternehmen und errichtete einen größeren zweiten Standort in Altenerding. Hier wurde der aus dem KZ Dachau „beurlaubte“ KZ-Häftling Johann Leitmeier als Bauleiter eingesetzt. Hunderte von Zwangsarbeitern und Zwangsarbeiterinnen aus der ehemaligen Sowjetunion wurden in Altenerding ausgebeutet, da sie kostengünstiger waren.

Nach dem Krieg fanden zunächst 1948 die sog. Entnazifizierungsverfahren statt, bei denen die Firmeninhaber freigesprochen wurden. Weitere Verfahren folgten in den 1960er Jahren und endeten ebenso mit einem Freispruch, da keine direkten Todesfälle durch direkte Handlungen nachgewiesen werden konnten.

Um das Jahr 1990 kündigten die Bartholit-Werke ihre Schließung und den Abbruch der Werkgebäude an. Das Gelände wurde der Stadt Erding zur Bebauung angeboten. Ende 1993 wurde mit der Bebauung begonnen.

Quellen

Benz, Wolfgang; Distel, Barbara. Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager. Band 2. C.H.Beck, München, 2005.

Megargee, Geoffrey P., Hrsg. Encyclopedia of Camps and Ghettos, 1933–1945. Indiana University Press, Bloomington and Indianapolis, 2012.

Niedermayer, Hans. Pflugschar und Hakenkreuz. Gerd Spann Verlag, Kranzberg, 1985.